Viele Gewerbebetriebe messen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei Krankheit keine große Bedeutung bei. Die Unternehmensleitung geht davon aus, dass sich der Arbeitgeber in diesem Fall einfach krankschreiben lässt und dass die Angelegenheit damit bereits erledigt ist. Doch ganz so einfach ist es nicht! In diesem Bereich gelten strenge rechtliche Vorgaben, die Sie unbedingt beachten sollten.
Bei einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber können hohe Bußgelder und Schadensersatzforderungen auftreten. Das kann das komplette Unternehmen bedrohen. Deshalb ist es sehr wichtig, sich intensiv mit den Anforderungen in diesem Bereich auseinanderzusetzen und alle erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.
Was ist die Fürsorgepflicht?
Selbstverständlich ist jeder Arbeitnehmer dafür verantwortlich, die eigene Gesundheit zu schützen. Schließlich ist er der Hauptgeschädigte, wenn es zu einer Erkrankung oder zu einem Unfall kommt. Darüber hinaus muss auch der Arbeitgeber dazu beitragen, dass die Gesundheit seiner Arbeitskräfte erhalten bleibt. Das liegt schon in seinem eigenen Interesse. Je gewissenhafter er dieser Aufgabe nachkommt, desto geringer ist der Krankenstand. Das wirkt sich sehr positiv auf den unternehmerischen Erfolg aus. Wenn die Mitarbeitenden den Eindruck erhalten, dass sich der Arbeitgeber gut um ihre Belange kümmert, trägt das zu einem positiven Betriebsklima bei. Auf diese Weise erhöht sich häufig die Motivation der Arbeitskräfte und die Fluktuation wird geringer.
Neben diesen unternehmerischen Gründen, die für eine umfassende Fürsorge für die Gesundheit der Mitarbeitenden sprechen, gibt es hierfür auch rechtliche Vorgaben. Die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers stellen eine wichtige Grundlage aller Arbeitsverhältnisse dar. Sie zählen zu den sogenannten Nebenpflichten. Diese muss das Unternehmen neben der eigentlichen Hauptpflicht – der Bezahlung des Gehalts – ebenfalls erfüllen.
Allerdings gibt es kein einheitliches Gesetz, das diese Fürsorgepflichten definiert.
Die entsprechenden Vorgaben verteilen sich auf mehrere Gesetze. Von großer Bedeutung ist hierbei das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Doch müssen Sie als Arbeitgeber auch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berücksichtigen. All diese Gesetze machen wichtige Vorgaben zu Ihren Fürsorgepflichten als Arbeitgeber.
Fürsorgepflicht – von der Bewerbung bis zur Kündigung
Ein Aspekt, den viele Arbeitgeber beim Thema der Fürsorgepflicht nicht berücksichtigen, ist der Zeitraum, für den sie gültig ist. Oftmals sind sie der Meinung, dass diese erst mit dem Arbeitsvertrag beginne und mit dem Aussprechen einer Kündigung bereits ende. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Pflichten sind wesentlich umfangreicher. Sie beginnen bereits bei der Bewerbung. Der Arbeitgeber muss hierbei faire und transparente Bedingungen herstellen. Hierbei ist insbesondere die Gleichbehandlungspflicht zu nennen. Auch bei einer Kündigung ist es wichtig, die Fürsorgepflichten zu berücksichtigen. Deshalb müssen Sie als Arbeitgeber beispielsweise die Kündigung so frühzeitig wie möglich ausstellen. Sollten Sie die entsprechende Entscheidung bereits getroffen haben, diese dem Mitarbeiter jedoch ohne triftigen Grund nicht umgehend mitteilen, stellt das eine Pflichtverletzung dar. Außerdem sollten Sie nach der Kündigung dem Mitarbeiter die Suche nach einer neuen Stelle so einfach wie möglich machen. Dazu gehört beispielsweise das Ausstellen eines Arbeitszeugnisses und eine faire Bewertung.
Erhöhte und besondere Fürsorgepflicht
Die Fürsorgepflicht umfasst alle Mitarbeitenden. In manchen Fällen besteht jedoch eine erhöhte Fürsorgepflicht, die noch umfassendere Maßnahmen erforderlich macht. Diese gilt für unterschiedliche Gruppen von Mitarbeitenden. Ein Beispiel hierfür sind Schwangere. In diesem Fall müssen Sie darauf achten, dass keine Gefahren für die Gesundheit der Mutter oder des Kindes bestehen. Deshalb ist es notwendig, alle Tätigkeiten daran anzupassen. Auch für Minderjährige, für ältere Mitarbeitende und für Personen mit Vorerkrankungen gilt eine erhöhte Fürsorgepflicht. In diesem Fall müssen Sie die Arbeit an diese Verhältnisse anpassen und den Betroffenen einen besonderen Schutz zukommen lassen. Eine erhöhte Fürsorgepflicht gilt auch bei verschiedenen Tätigkeiten, die mit einer besonderen Gefährdung verbunden sind – beispielsweise beim Umgang mit gefährlichen Maschinen oder wenn die Mitarbeitenden im Straßenverkehr unterwegs sind. Zudem gibt es eine besondere Fürsorgepflicht, die manche Berufsgruppen betrifft. Diese ergibt sich nicht aus den körperlichen Voraussetzungen, sondern aus dem Status der entsprechenden Arbeitskräfte. Sie gilt nur für Beamte. Deshalb ist die besondere Fürsorgepflicht nur für staatliche Arbeitgeber wichtig. Sie sieht für alle Beamten im öffentlichen Dienst einen besonders guten Schutz vor – beispielsweise bei der Gesundheits- und der Altersvorsorge.
Was umfasst die Fürsorgepflicht (und was nicht)?
Eine weitere wichtige Frage, die Sie sich als Arbeitgeber stellen müssen, besteht darin, welche Bereiche die Fürsorgepflicht überhaupt umfasst – und in welchen Fragen keine Maßnahmen notwendig sind. Zu diesem Thema gibt es viele Missverständnisse. Viele Arbeitgeber gehen davon aus, dass es hierfür ausreicht, einfache Maßnahmen für die Unfallverhütung durchzuführen. Das ist jedoch bei Weitem nicht genug. Zwar spielt der Schutz vor Unfällen eine wichtige Rolle, doch kommen noch viele weitere Bereiche hinzu. Beispielsweise gilt die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber bei Krankheit, bezüglich der persönlichen Daten und auch bei einer hohen psychischen Belastung. Deshalb ist es sehr wichtig, alle Bereiche abzudecken. In den folgenden Abschnitten gehen wir auf einige weitere Details ein, die hierbei von Bedeutung sind. Einer der wenigen Punkte, die nicht unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers fällt, ist der Weg zur Arbeit. Das Wegerisiko liegt im Verantwortungsbereich der Arbeitnehmer. Daher müssen diese selbst für alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen im Straßenverkehr sorgen. Dennoch sollte der Arbeitgeber selbst in diesem Bereich unzumutbare Belastungen vermeiden und seine Mitarbeitenden unterstützen.
Arbeitsschutz
Bei der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist der Arbeitsschutz von zentraler Bedeutung. Sie müssen dafür sorgen, dass die Gefahren für Ihre Mitarbeitenden am Arbeitsplatz so gering wie möglich sind und ein vertretbares Maß nicht überschreiten. Dafür ist eine regelmäßige Gefährdungsbeurteilung sehr wichtig. Sie sind dazu verpflichtet, alle Arbeitsplätze zu kontrollieren und zu überprüfen, welche Gefahren dabei bestehen. Sollte sich dabei eine erhöhte Gefährdung ergeben, sind umgehend entsprechende Maßnahmen erforderlich, um diese zu reduzieren. Die Gefahren können dabei sehr vielfältig sein – sie reichen von der Arbeit mit gefährlichen Maschinen bis hin zur gesundheitsgefährdenden Stäuben, die bei manchen Arbeiten auftreten. Selbst im Büro ist es erforderlich, alle Gefährdungen zu vermeiden. Beispielsweise ist es hierbei wichtig, auf eine ergonomische Ausstattung zu achten, die Haltungsschäden und weitere Beschwerden vermeidet. In einigen Bereichen gibt es zudem eigene Vorschriften, die Sie beachten müssen. Darunter fallen beispielsweise der Brandschutz und die Elektrosicherheit. Auch beim Umgang mit Gefahrenstoffen gelten gesonderte Regeln. In all diesen Bereichen sind regelmäßige Kontrollen notwendig, um eine hohe Sicherheit zu gewährleisten.
Um für einen guten Arbeitsschutz zu sorgen, müssen Sie nicht nur die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen umsetzen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass Sie Ihre Mitarbeitenden regelmäßig darüber informieren, welche Vorkehrungen sie bei der Arbeit selbst treffen müssen. Dazu dient die Unterweisung im Arbeitsschutz. Diese ist ebenfalls verbindlich vorgeschrieben.
Persönlichkeitsrechte und psychische Gesundheit
Der Fehlzeitenreport der AOK 2019 belegt, dass im entsprechenden Jahr 11,4 Prozent der Fehlzeiten eine psychische Erkrankung als Ursache hatten. Damit lag dieser Grund auf dem dritten Platz – nach Atemwegserkrankungen und Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Das zeigt, wie wichtig es für Sie als Arbeitgeber ist, sich auch um diesen Bereich zu kümmern. Das kann nicht nur die Fehlzeiten reduzieren und die Mitarbeiterzufriedenheit und damit die Motivation steigern. Des Weiteren stellt dieser Bereich einen wichtigen Teil der Fürsorgepflicht dar. Sie sind dazu verpflichtet, Mobbing und Diskriminierung zu verhindern. Auch Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sind sehr wichtig. All diese Aspekte stellen einen direkten Angriff auf die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden dar. Als Arbeitgeber sollten Sie für ein offenes Klima sorgen, bei dem Ihre Arbeitskräfte keine Angst haben müssen, ein entsprechendes Fehlverhalten anzusprechen. Falls in diesem Bereich Vorwürfe auftreten, ist es notwendig, diesen nachzugehen. Falls sie sich bewahrheiten sollten, ist es notwendig, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Diese können von einer Ermahnung bis hin zu einer Kündigung reichen.
Mobbing, Diskriminierung und sexuelle Belästigung stellen nicht die einzigen Ursachen für Stress und psychische Probleme am Arbeitsplatz dar. Eine weitere Ursache für diese Beschwerden ist eine Überforderung. Diese führt häufig zu einem Burnout-Syndrom oder zu Depressionen. Deshalb ist es wichtig, diese Gefahren im Auge zu behalten. Ein regelmäßiger, offener Austausch mit den Mitarbeitenden stellt hierfür eine wichtige Voraussetzung dar. Auf dieser Grundlage können Sie die Arbeitsbelastung steuern. Hilfreich sind auch Seminare und Workshops zu diesem Thema.
Datenschutz
Wenn eine Person ein Arbeitsverhältnis eingeht, ist es notwendig, dass sie hierbei viele persönliche Daten angibt. Diese umfassen zahlreiche Details, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Als Arbeitgeber sind Sie dazu verpflichtet, diese persönlichen Daten so gut wie möglich zu schützen. Das beginnt bereits bei der Erhebung. Sie sollten nur die Daten abfragen, die tatsächlich notwendig sind. Alle weiteren Informationen sollten Sie nicht einfordern. In manchen Fällen ist dies sogar verboten. Beispielsweise dürfen Sie bei einer Krankschreibung nicht nach den Gründen fragen. Diese fallen in den persönlichen Bereich des Arbeitnehmers und spielen für die Berufsausübung keine Rolle. Falls der Arbeitnehmer die Gründe von sich aus nennt, sollten Sie auf jeden Fall darauf verzichten, diese zu notieren.
Bei den Daten, die Sie für eine ordnungsgemäße Abwicklung aller betrieblichen Abläufe benötigen, müssen Sie auf eine sichere Speicherung achten. Hierbei gelten die Regeln der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese ist nicht nur für Kundendaten gültig, sondern auch für die persönlichen Informationen Ihrer Mitarbeitenden. Halten Sie sich nicht an diese Vorgaben, drohen empfindliche Strafen.
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Beispiele von der Frontline
Um dieses Thema besser zu verstehen, ist es sinnvoll, für die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber Beispiele zu nennen. Deshalb stellen wir hier kurz dar, wie dies bei Frontline-Mitarbeitenden aussehen kann. Das hängt jedoch stets von der genauen Tätigkeit ab. Handelt es sich beispielsweise um Fachkräfte, die in einem Ladengeschäft für die Kaufberatung der Kunden zuständig sind, müssen Sie Gefahrenstellen absichern, an denen eine besondere Rutschgefahr besteht oder für entsprechende Sicherheitsvorkehrungen bei der Benutzung von Treppen und Leitern sorgen. Selbstverständlich ist es notwendig, die Umsetzung aller baulichen Brandschutzvorschriften überprüfen zu lassen und die Notausgänge korrekt kennzeichnen. Bei Frontline-Arbeitskräften aus dem Bereich der Produktion sind die letztgenannten Maßnahmen ebenfalls erforderlich. Darüber hinaus müssen Sie jedoch auch den Umgang mit den Maschinen so sicher wie möglich gestalten. Unabhängig vom Tätigkeitsbereich ist eine regelmäßige Sicherheitsunterweisung notwendig, um die Gefahren zu reduzieren. Zudem sollten Sie eine Überlastung der Mitarbeitenden vermeiden und genau darauf achten, ob es zu Mobbing oder Diskriminierung kommt.
Was geschieht bei Verletzung der Fürsorgepflicht?
Um eine umfassende Fürsorge zu gewährleisten, sind umfassende Maßnahmen notwendig. Das kann jedoch die Sicherheitskosten erhöhen. Deshalb verzichten manche Unternehmen auf die Umsetzung. Das ist jedoch nicht zu empfehlen. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber kann erhebliche Folgen haben. Zum einen können die Mitarbeitenden in diesem Fall selbst Maßnahmen ergreifen. Diese reichen von einer Zurückhaltung der Arbeitsleistung bis hin zu einer Kündigung. Das reduziert die Produktivität und gerade in Berufen mit Fachkräftemangel ist es häufig schwierig, für Ersatz zu sorgen. Hinzu kommen rechtliche Konsequenzen. Die Betroffenen können gegen den Arbeitgeber klagen oder eine Anzeige erstatten. Aus diesen Gründen ist es wichtig, der Fürsorgepflicht sorgfältig nachzukommen.
Bei Gefahren für Gesundheit und Leben
Manche Tätigkeiten bringen eine Gefahr für die Gesundheit mit sich. Hierbei sind insbesondere Berufskrankheiten zu nennen. In diesem Fall stehen dem Arbeitnehmer die Übernahme der Kosten der Heilbehandlung und häufig auch ein Schadensersatz zu. Sollte die Berufskrankheit so schwerwiegend sein, dass sie tödliche Folgen hat, kommt außerdem der Anspruch auf Sterbegeld für die Hinterbliebenen hinzu. Normalerweise springt hierfür die Berufsgenossenschaft ein. Allerdings spielt auch die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber bei Krankheit eine wichtige Rolle. Sollten Sie Ihre Pflichten vorsätzlich verletzt haben, sind Sie selbst haftbar.
Bei Arbeitsunfall
Die Regelungen bei einem Arbeitsunfall entsprechen weitestgehend den Vorgaben zu Berufskrankheiten. Normalerweise sind Sie hierbei nicht haftbar. Bei einer vorsätzlichen Verletzung Ihrer Fürsorgepflicht müssen Sie jedoch für die Heilbehandlung und die Schadensersatzforderungen aufkommen.
Bei Sachschaden
Bei einem Sachschaden ist der Arbeitnehmer in der Regel selbst verantwortlich. Doch auch hierbei gibt es Ausnahmen. Ein Beispiel hierfür besteht darin, dass der Arbeitgeber fordert, dass die Mitarbeitenden eigene Ausrüstung verwenden, wenn er eigentlich selbst für die Bereitstellung zuständig wäre. Darüber hinaus muss er eine sichere Verwahrmöglichkeit für persönliche Gegenstände bereitstellen – wie etwa angemessene Geldbeträge, Fahrkarten und Ähnliches. Halten Sie sich nicht an diese Vorgaben, kann es zu Schadensersatzforderungen kommen.
Ablauf im Krankheitsfall
Wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, sind Sie dazu verpflichtet, sein Entgelt weiterhin zu bezahlen – bis zu einer Dauer von sechs Wochen. Sie sollten außerdem darauf achten, dass im Rahmen der Fürsorgepflicht der Arbeitgeber ein kranker Arbeitnehmer nicht dazu aufgefordert werden darf, seinen Dienst weiterhin zu verrichten. Dies ist nur auf freiwilliger Basis möglich, wenn die betroffene Arbeitskraft von sich aus auf Sie zukommt und angibt, dass sie wieder arbeitsfähig ist. In diesem Fall müssen Sie jedoch überprüfen, ob sie tatsächlich den Eindruck erweckt, wieder arbeitsfähig zu sein.
Zusammenfassung
Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber bei Krankheit stellt ein wichtiges Grundprinzip eines Arbeitsverhältnisses dar. Wenn Sie eine Arbeitskraft beschäftigen, müssen Sie dafür sorgen, dass die Risiken für eine Erkrankung so gering wie möglich sind. In unserem Leitfaden zur Arbeitssicherheit zeigen wir, wie das heute für gewerblich geprägte Belegschaften am besten erreichbar ist. Jetzt reinlesen!